
Es ist wirklich schade, dass wir uns so schnelle an positive Erlebnisse gewöhnen. Der Grund dafür ist, dass sie aus heutiger Sicht vor allem unser Überleben sichern: sie informieren uns darüber, wie unsere aktuelle Situation gerade aussieht, wie erfolgsversprechend unsere Handlungen gerade sind und in welchem Zustand unsere Mitwelt ist. Man kann sie mit einem Navigationsgerät vergleichen: sie machen deutlich, wo wir uns befinden und wie das Gelände vor und hinter uns aussieht.1

Die Koordinaten des Navigationsgerätes sind angenehm/unangenehm und hohe/niedrige Erregung. Ein Beispiel gibt die nebenstehende Abbildung.
Deshalb ist der vierte Löffel Eis nicht mehr so lecker wie der erste: er vermittelt keine wesentliche neue Information. Anders ist es, wenn wir uns auf den Genuss konzentrieren und ihn dadurch verstärken.
Gefühle sind ein Ortungssystem für Erfahrungen und geben uns eine schnelle Orientierung, ob wir uns einer Situation nähern oder zurückziehen sollten. Dieses System arbeitet unterhalb unserer Bewusstseinsschwelle und ist für uns nicht direkt erreichbar. Dummerweise hat dieses Ortungssystem eine Schlagseite: es bewertet unangenehme Gefühle als wichtiger als angenehme. Wir nehmen unangenehme Gefühle deutlicher wahr und erinnern uns besser an sie. Das kann unsere Erleben verdunkeln.
Emotionen als Grundlagen von Entscheidungen
Emotionen geben uns auch den Anstoß, auf die Situation einzuwirken: wirkt sie anziehend auf uns, nähern wir uns oder bleiben dabei. Erscheinen die Dinge gefährlich oder unangenehm zu werden, möchten wir etwas verändern. In jedem Fall unterstützen sie uns dabei, Entscheidungen zu treffen.
Fast jede Entscheidung, die wir treffen, basiert auf der Annahme, wie wir uns in der Zukunft fühlen werden.
Robert Biswas-Diener und Todd Kashdan
“Geeicht” wird das Navi durch unsere Erfahrungen, den selbst gemachten und den durch Kultur und Sprache übermittelten. Deutlich wird das in einem Bericht von Sonja Lyuobomirsky3. Sie hat untersucht, was Menschen in der USA und Menschen in Russland mit Glück verbinden. Die Ergebnisse sind beeindruckend:
Die Glücksvorstellungen von Amerikanern sind eher konkret. Glück ist für sie verbunden mit Familie, Einkommen, Erfolg und Spaß im Leben. Das Glücksverständnis von Russen ist anders. Da geht es um sprirituelle Erlösung, eine Welt des Friedens oder eine Welt der Schönheit. Häufig wurde in Russland auch als Glücksvorstellung das gegenseitige Verständnis zwischen Menschen genannt. Der Bezugspunkt ist also weniger der einzelne Mensch, sondern der Mensch in Verbundenheit. Ähnliches findet man in anderen kulturvergleichenden Studien.