Die Startbedingung um Leute besser kennenzulernen ist Freundlichkeit. Denn sie sorgt für einem größeren Sicherheitsgefühl in unserem sozialen Umfeld. Wir fühlen uns dann einfach wohler mit den Menschen um uns herum, auch mit neuen Leuten, mit denen wir nicht aktiv in Kontakt treten.
Die kleine Frage: „was ist bei dir gerade los, was beschäftigt dich?“ kann viel verändern. Oft hören wir dann: „Och, nichts besonderes.“ Aber darum geht es ja auch gar nicht. Die Beziehung vertieft sich nicht nur, weil mein Gegenüber von großartigen Erlebnissen berichtet, sonder auch von dem, was gerade aktuell für ihn wichtig ist. Die allemeisten Leute fragen wir nämlich nicht.
„Smalltalk wird als furchtbar verunglimpft, aber in gewisser Weise ist es für das Gemeinschaftsgefühl und unser soziales Empfinden absolut wichtig, mit einer anderen Person Kontakt aufzunehmen und sie wissen zu lassen, dass man froh ist, mit ihr gerade zusammen zu sein.“ (Jeffrey Hall)
Sich gegenseitig „auf den Stand zu bringen“, zusammen Quatsch machen, oder tiefere Gespräche über ein Thema sind Beschleuniger für die Entwicklung von Freundschaft. Es ist sicher für Erwachsene schwieriger, Freunschaften aufzubauen. De Fakto tun sie aber auch weniger dafür: Rentner verbringen täglich im Durchschnitt eine gute Stunde ihrer Zeit mit Freunden, Teenager knapp fünf Stunden. Berufstätige sind täglich etwa 30 Minuten in Kontakt mit ihren Freunden.
Wie emotionale Nähe entstehen kann, habe ich hier beschrieben. Damit aus Bekanntschaften und schönen Begegnungen Freundschaften entstehen kann, ist noch etwas anderes wesentlich: das Ausmaß der gemeinsam verbrachten Zeit.
Wie du verhinderst, neue Leute kennenzulernen
Das ist im Erwachsenenleben dann auch eine deutliche Einflussgröße: sie verwenden weniger Zeit für den Aufbau von Freundschaften und voilá.

Klar, wir haben alle vollgepackte Kalender und wenn wir dann endlich zuhause sind, wollen wir uns um unsere Partner oder unsere Familie kümmern. Vielleicht wollen wir uns um unsere körperliche Fitness kümmern oder fühlen uns zu kaputt, um noch mit jemandem reden zu wollen.
Betrachten wir jetzt mal nicht den Medienkonsum, der sicher auch eine Rolle spielt. Was aus meiner Sicht wirklich im Mittelpunkt steht, ist die Tatsache, dass Erwachsene vieles alleine tun.
Es ist Teil unserer Kultur geworden: Hausarbeit, Kochen und Essen, der Weg zur Arbeit – das erfolgt in vielen Kulturen gemeinschaftlich. In unserer westlich geprägten Kultur hat man das im Wesentlichen alleine zu regeln. Und wer ins Fitnessstudio geht oder, wie ich, zuhause seine Körperübungen macht, ist dabei auch nicht mit anderen in Kontakt.
Das ist nicht schlimm, erklärt aber die Schwierigkeit, als Erwachsener Freunde zu finden.
Was die Entwicklung von Freundschaft unterstützt
Kat Vellos schlägt ein Modell mit vier Elementen vor, die sie die „Samen der Freundschaft“ nennt. Ich finde sie plausibel.
Nähe
Wenn wir uns häufiger gegenseitig über den Weg laufen, haben wir größere räumliche Nähe. Das erleichtert uns den Kontakt, weil er oft zufällig geschieht.
Häufigkeit
90 Stunden gemeinsam verbrachter Zeit machen aus einer Bekanntschaft eine lockere Freundschaft.

Weitere 110 Stunden eine enge Freundschaft – so die Forschungsergebnisse von Jeffrey Hall.
Dabei kommt es auch auf die zeitliche Dichte an: wenn mehr als vier Monate nach einem ersten Treffen vergehen, ist es unwahrscheinlich, dass sich jemals eine echte Freundschaft entwickelt.
Es geht um Zeit, die damit verbracht wird, herumzuhängen, Witze zu machen, Videospiele zu spielen und dergleichen. Gemeinsam verbrachte Zeit am Arbeitsplatz zählt nicht so viel.
Ähnlichkeit
Damit ist gemeint, wie gut Menschen zusammenpassen. Entspricht sich der typische Kommunikationsstil? Der Lebensstil? Wie wünschen sie sich ihre Treffen: würden sie gerne zusammen spielen, Sport machen, in die Kneipe gehen oder auf Konzerte? Welche Werte haben sie: ist ihnen Natur wichtig? Oder Familie?
Kat Vellos glaubt, dass die Harmonie der Lebensstile nur wichtig ist, wenn Leute etwas zusammen unternehmen wollent, wie z.B. Radfahren. „Je ehrlicher wir über Unterschiede und Erwartungen sind, umso weniger wenden wir uns voneinander ab.“
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn jeder Mensch mindestens zwei starke Freundschaften mit Menschen hätte, die sich bemerkenswert von ihnen unterscheiden.
Kat Vellos
Engagement
Damit ist verlässliche Unterstützung gemeint. Die Menschen sind füreinander da auf dem Boden von Respekt, Vertrauen und Gegenseitigkeit. Wir räumen einander Platz ein – physisch und seelisch.
Starke Beziehungen sind das Wichtigste. Sie verbessern unsere Gesundheit, steigern unsere Leistungsfähigkeit und ermöglichen es uns, Meinungsverschiedenheiten und Ideologien zu überwinden, um zusammenzukommen und uns als Gesellschaft großen Herausforderungen zu stellen.
Vivek H. Murthy
Was für eine Freundschaft willst du? Es kommt dann in dein Leben, wenn du tatsächlich loslegst.
Am Mittwoch den 25. Mai 21 um 19 Uhr gibt es für Frauen die Gelegenheit, neue Frauen kennzulernen und sich mit ihnen zum Thema „neue Leute kennenlernen und Freunschaften entwickeln“ auszutauschen.
Ich freue mich auf Euch!
Quellen:
Kat Vellos: We Should Get Together, 2019
https://www.socialthinking.com/Articles?name=interested-sort-of-social-anxiety-digital-devices
https://news.ku.edu/2018/03/06/study-reveals-number-hours-it-takes-make-friend
Jeffrey A.Hall: How many hours does it take to make a friend? In: Journal of Social and Personal Relationships 2019, Vol. 36(4) 1278–1296
Vivek H. Murthy: Together – Loneliness, Health and What Happens When We Find Connection MD, London 2020