Finde dich selbst und deinen starken, authentischen Kern - dein Selbstkonzept

Unser Selbstkonzept verstehen: Was ist das Selbst und warum ist das wichtig?

Aktualisiert am 3. September 2023

Warum deine Sicht auf dich selbst falsch ist

Hast du schon mal überlegt, dass die Überzeugungen die du über dich selbst hast, erfunden sind? Zum Beispiel die Vorstellung, dass es tief in dir drin ein authentisches Selbst gibt, voller Stärke und Energie?

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Es gibt zwei gute Gründe, es anzuzweifeln.

1. Es gibt keine innere Struktur, die einem Selbst entspricht.

Es ist nicht wie bei einer Frucht, bei der unter der Oberfläche der Kern verborgen ist. Das Selbst ist ein Prozess, der seinen Ursprung in unserer überwiegend unbewussten Wahrnehmung des inneren Zustands unseres Körpers und unseren fünf Sinnen hat.

Selbstwahrnehmung: Skizze eines Mädchens mit gefülltem Magen, das an Blümchen riecht und einen Vorgel sieht und hört.

Mit innerem Zustand des Körpers ist gemeint, dass beispielsweise ständig Informationen über die Versorgung mit Energie, Sauerstoff, Wasser und vielen anderen wichtigen Stoffen aus den Organen und Muskeln an das Gehirn weitergegeben werden. Wenn wir Hunger haben oder müde sind, erhalten wir ein Signal, dass wir etwas tun sollten.

Tatsächlich entsteht die Vorstellung des Selbst durch komplexe Prozesse im Gehirn. Denn das ist eine Gemeinsamkeit des Gehirns mit allen anderen komplexen Systemen: sie organisieren sich ohne ein von außen kommendes Organisationsprizip. Also ohne zentrale Steuerung.

Vielleicht denkst du jetzt: das ist ja schön und gut, aber ich merke doch, dass ich ein Selbst habe.

2. Dein Selbst ist gleichzeitig Erzähler und Geschichte

In unserer linken Hirnhälfte gibt es einen Bereich, der Informationen zu Mustern verbindet. Er ist dafür verantwortlich, dass wir Zusammenhänge und Ursachen von Ereignisfolgen erkennen. Dieser Bereich hat für unser Selbstkonzept eine weitere wichtige Funktion: er macht aus dem, was wir wahrnehmen, denken und tun, eine Geschichte.

Damit eine plausible Geschichte entsteht, werden teilweise Informationen nicht berücksichtigt und aussortiert. Die Entscheidung, was weiterverarbeitet wird und was nicht, fällt in diesem unbewussten Prozess.

Wenn wir unsere Handlungen erklären, dann sind es immer nachträgliche Erklärungen gemäß nachträglichen Beobachtungen, ohne Zugriff auf die unbewussten Prozesse. Nicht nur das, unsere linke Hirnhälfte schummelt auch ein bisschen, um alles in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen.

Michael Gazzaniga – 2012, S.115

Das nehmen wir wahr als inneren Erzähler oder innere Stimme. Diese Erklärungsinstanz hat jeder Mensch. Und wir alle haben die Illusion von einem „Ich“, das über unser Tun entscheidet. Die Grundlage der Erklärungen der inneren Stimme ist die teils unbewusste persönliche Deutung früherer Erfahrungen, die ein Mensch gemacht hat. Ganz maßgeblich dafür sind auch unsere die von uns wahrgenommenen Erwartungen und Bedingungen unserer Mitwelt.

Wie auch immer die Informationen beschaffen sind, die in diesem Hirnmodul ankommen, der innere Erzähler erschafft daraus eine stimmige Geschichte, die unser bewusstes Erleben ordnet. Wir empfinden uns als Hauptfigur einer sich ständig weiterentwickelnden Lebensgeschichte, ausgestattet mit Verbündeten, Gegnern, schicksalhaften Veränderungen und der Suche nach Glück. Unser Selbstkonzept prägt, wie wir die Empfindungen des Lebendigseins erleben und die Sichtweise, die wir von der Welt und unseren Handlungsmöglichkeiten haben.

Das Selbstkonzept entwickelt sich in der Kindheit - Kind schaut lächelnd in den Spiegel und deutet auf seine Wange

Bausteine des Selbstkonzepts sind

  • Annahmen über sich selbst
  • Selbstwahrnehmung/Selbstbild
  • Idealbild
  • Persönliche Identitäten

Aus der Sicht der wissenschaftlichen Selbstkonzept Theorie ist das Selbst ein Prozess

  • in dem sich der aktuelle Zustand des Gesamtorganismus (Körper und Psyche) ausdrückt
  • und der aus den verschiedenen Perspektiven der unterschiedlichen Sinneskanäle entsteht
  • dessen psychische Inhalte daraufhin zielen, die Bedürfnisse des Organismus zu erfüllen
  • der von Menschen betrachtet werden kann, wie ein äußeres Objekt (Selbstwahrnehmung)

Dieser Selbst-Prozess ist mit allen relevanten neuronalen Schaltstellen des Gehirns verbunden, die das Angst- und Stresssystem, das Immunsystem, den Kreislauf und die das vegetative Nervensystem steuern.

Wie dein Selbstkonzept und deine Beziehungen zusammenhängen

1. Deine Beziehungen beeinflussen dein Selbstkonzept

Das Selbstkonzept entsteht und entwickelt sich durch Resonanz mit den Personen aus der Mitwelt. Mehr dazu habe ich in dem Artikel: Was Resonanz für uns bedeutet beschrieben. Mit wachsender Ausdifferenzierung des Selbstkonzepts entsteht ein neurophysiologisches Netzwerk, das bei Gedanken über sich selbst anspringt und ein Netzwerk für nahestehende Personen. Diese Netzwerke überschneiden sich.

Das Ausmaß der Überschneidung ist abhängig von der Kultur, in der wir aufwachsen. Ist sie individualistischer, ist die Überschneidung deutlich geringer. Im Gehirn chinesischer Menschen wird das selbe Hirnnetzwerk aktiviert, wenn sie an sich oder an ihre Mütter denken. Dieses Modul, der mediale präfrontale Cortex, wird bei westlichen Menschen für die Selbstrepräsentation genutzt.

In vielen Kulturen wird das Selbst im Zusammenhang mit der Mitwelt betrachtet, in der die Menschen sind. Es geht nicht primär um Sichtweisen oder Handlungen des Individuums, sondern um Wirkungen innerhalb des sozialen Netzwerks. Dies drückt sich auch in der Erziehung aus. Hazel Rose Markus und Kitayama Shinobu verdeutlichen das am Beispiel von Eltern, die ihr Kind zum Essen bewegen wollen:

  • US-amerikanische Eltern sagen gerne: „Denkt an die hungernden Kinder in Äthiopien, und schätzt euch glücklich, dass es euch besser geht als ihnen“.
  • Japanische Eltern werden eher sagen: „Denkt an den Bauern, der so hart gearbeitet hat, um diesen Reis für euch zu produzieren; wenn ihr ihn nicht esst, wird er sich schlecht fühlen, weil seine Bemühungen umsonst waren“.

Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind für ein ostasiatisches Kind zentral. Kollektive Prägungen führen zu einem breiteren Aufmerksamkeitsfokus auf die Gesamtheit der Situation. In der westlichen Kultur liegt der Blick auf dem Individuum und dem sozialen Vergleich.

Die westliche Vorstellung vom Selbst als einer authentischen Einheit, die bedeutsame spezielle Eigenschaften hat und vom Umfeld losgelöst ist, ist kulturell geprägt. Das Selbstkonzept entsteht durch Erfahrungen in Beziehungen, im sozialen Austausch, nicht durch den eigenen Blick nach innen (Introspektion).

2. Dein Selbstkonzept beeinflusst deine Beziehungen

Das Selbstkonzept bestimmt, ob du aufmerksamer bist für einzelne Objekte oder für Zusammenhänge. Die Selbstkonzept-Forschung zeigt, dass unser westlicher, individualistisch geprägter Blick das Selbst eher als ein isoliertes Element sieht und alle anderen systemischen Zusammenhänge ausblendet.

In unseren Geschichten geht es oft um Helden, die etwas Besonderes sind und aus eigener Kraft etwas Großartiges erreicht. Oder die sich aus einer unauffälligen Figur entwickeln, indem sie herausragende Leistungen vollbringen. Das Muster dafür ist die Heldenreise. Diese Idealvorstellung reicht von der Antike bis ins heute und prägt unser Selbstkonzept. Es fordert von uns gute Selbstdarstellung, wenn es um neue Kontakte geht, besonders in beruflichen Kontexten.

Der persönliche Erfolg ist wichtig und wird mit individuellen Eigenschaften begründet (der Erzähler) . Wettbewerb ist selbstverständlich.

Selbstkonzept westliche Art: Ziel ist größer, weiter, höher - Held steht zwischen Signalen für "aufwärts"

Frei zu sein, ungebunden das Leben selbst in der Hand zu haben, sind für uns seit der griechischen Antike hohe Werte. Durchsetzungsfähigkeit ist eine Kompetenz, die zur Einschätzung von beruflichem Potential wichtig und auch im Privaten relevant ist. Die Stärkung des Selbst ist das Ziel.

Die Struktur traditioneller asiatischer Geschichten ist keine Heldenreise, sondern kreist um Harmonie. Ein Vorfall wird aus der Perspektive verschiedener Menschen geschildert und dann kommt etwas dazu, was Sinn aus dem Ganzen macht. Es gibt aber nicht die eine, richtige Antwort, sondern es entsteht eine Frage.

Der südkoreanische Psychologe Uichol Kim beschreibt es so: „Im Westen kämpfst du gegen das Böse und die Wahrheit gewinnt und Liebe siegt über alles. In Asien wird ein Mensch zum Helden, der sich aufopfert, der sich um die Familie, die Gemeinschaft und das Land kümmert.“ (Uichol Kim, zitiert in Storr, 2017, S.77)

Ostasiatische Menschen sehen eher, dass Verhalten durch die Einflüsse der Situation verursacht sein kann und nicht durch den Willen der Beteiligten. Ihr interdependentes Selbstkonzept ist auf Harmonie mit der Gruppe ausgerichtet, nicht so sehr auf persönliches Gewinnen. Erfolge werden durch die Gruppe erzielt. Beispielsweise sind unter chinesischen Studenten eher die bescheidenen, hart arbeitenden Studenten populär. Im Unterschied zu westlichen Gesellschaften kann Schüchternhein als Merkmal von Führungskräften hochgeschätzt werden.

Wie dein Selbstkonzept deine Gefühle und Gedanken formt

Gefühle sind Bewertungen, die uns dabei unterstützen, unser Überleben und unser Wohlbefinden zu sichern. Sie entstehen durch komplexe unbewusste Programme und hormonell angetriggerte Prozesse. In meinem Artikel Wie Gedanken und Gefühle sich gegenseitig beeinflussen und was du darüber wissen solltest habe ich diesen Prozess genauer beschrieben.

Die meisten Alltagsgefühle sind nicht „natürlich“ sondern abhängig von unseren Bewertungen, unserem Selbstkonzept. Ob es ekelhaft ist, Insekten zu essen oder nicht, ist eine Frage unserer Einstellung. Ob es selbstverständlich ist, dass es in einer Universität Professorinnen und in Unternehmen weibliche Führungskräfte gibt, ebenso. Für mich als emanzipierte Frau ist es ganz klar, dass Frauen die gleichen Berufe ausüben können, wie Männer. Für Menschen aus patriarchalischen Kulturen kann das eine sehr unangenehme Vorstellung sein.

Die Wertungen, die wir ständig vornehmen, sind der größtenteil unbewusste Hintergrund dessen, was wir erleben und denken.


Frau macht Selfie

„Es gibt keinen authentischen Kern in uns, keine grundlegende, glückliche und perfekte Version des Selbst, die freigelegt werden kann, wenn wir die unterdrückenden gesellschaftlichen Erwartungen zurückschrauben. Tatsächlich ist das Selbst aus vielen Teilen zusammengesetzt.“

– Will Storr, 2017 (übersetzt von R.H.)

Wenn unser Selbst eine Erzählung unserer linken Großhirnrinde ist, die nicht unbedingt korrekte Informationen wiedergibt, sondern die Dinge passend macht – wer sind wir dann?

Wie setzt sich das Selbstkonzept zusammen?

Wenn du über dich nachdenkst, gibt es verschiedene Blickwinkel. Du kannst dich selbst wahrnehmen wie ein Beobachter, so wie Kinder und höhere Säugetiere sich selbst im Spiegel erkennen. Diese Selbstbeobachtungen werden mit den evolutionär gesehen wesentlich älteren Empfindungen aus inneren Körperprozessen verbunden. Damit sind Wahrnehmung des Zustandes der inneren Organe, der Muskeln, der Gefühle und der Denkprozesse gemeint.

Dazu kommen deine Annahmen und Bewertungen von dir selbst und über deine eigene Identität. Weitere Bausteine sind deine Selbstwahrnehmung und dein kulturell geprägtes Idealbild.

Identität und Selbstkonzept

Identität hat zwei Bedeutungen:

  • die persönliche Identität ist die Kennzeichnung einer Einzelperson, z. B. durch einen Ausweis. Davon hängen Rechte und Verantwortlichkeiten ab, die einer Person zugeordnet werden. Unsere persönliche Identität ist das, was uns von anderen unterscheidet, was uns besonders macht.
  • Die soziale Identität ist die Zugehörigkeit zu Gruppen, z.B. als Deutsche, als Hessen, als Frau, als Angehörige einer Berufsgruppe oder einer Religion. Sie drückt unsere gewählte oder verordnete Zugehörigkeit aus. Für Jugendliche können Haarfrisuren wichtiger Teil ihrer Identität sein, der für Zugehörigkeit oder Abgrenzung steht. Die Bedeutung ist sozial geprägt. Ähnlich wirken offizielle und inoffizielle Uniformen.

Unsere persönliche und soziale Identität gibt uns inneren Halt. Über die soziale Identität verinnerlichen wir Werte und Anschauungen. Je nachdem, ob die soziale Identität Teil des Selbstkonzepts ist, fühlt sie sich richtig an oder fremd, unpassend.

Die Fähigkeit, eine persönliche Identität zu haben und die persönliche Identität anderen Menschen zu erkennen, gehört laut Nicholas Christakis zu unserem menschlichen evolutionären Erbe. Das Gleiche gilt für geteilte Werte und Verhaltensnormen. Ohne persönliche und soziale Identät sind soziale Strukturen und damit menschliche Gesellschaften nicht vorstellbar.

Eine Gruppe unterscheidet sich von anderen Gruppen durch die Merkmale der Mitgliedschaft. Gruppennormen bestimmen, wer dazugehört und wer nicht. Und sie bestimmen, was gutes Verhalten ist und was nicht. Deshalb verhalten sich Menschen in unterschiedlichen Gruppen unterschiedlich.

Das Ganze wird problematisch, wenn die Gruppennormen im Widerspruch zu den eigenen Werten stehen. Die Zugehörigkeit erfordert dann eine Änderung.

Unser Selbst wird verändert duch die selbstverständliche Übernahme von Annahmen über die Wirklichkeit, die nicht kritisch hinterfragt werden.

Hitlerjugendliche bei einer Kundgebung im Jahr 1935. (© AP)

Wir fühlen uns dann wohl in einer Gruppe von unseresgleichen.

Dabei geht es nicht mehr um ein Denken, das Zugang zur Wirklichkeit sucht, es geht … um Vorstellungswelten, die dem Gefühl des Zusammenseins in einer festen, schützenden Gruppe eine sprachliche Form geben…

Boris Cyrulnik, 2023

Je mehr wir uns mit einer einzigen Gruppe identifizieren, um so eher büßen wir unsere Eigenständigkeit ein. Das kann ein schleichender Prozess sein. Wir passen dann unser Selbstkonzept den Gruppennormen an und verlieren unser Gefühl für das eigene Handeln.

Die Falle besteht darin, das eigene Selbstkonzept auf eine einzige Gruppe auszurichten und zu davon auszugehen, diese soziale Identität sei die einzig mögliche. Daraus entstehen Feindbilder gegenüber denen, die nicht dazu gehören. Denn um andere abzuwerten reicht es, keine positiven Bilder von der Gruppe zu haben, zu der die Person gehört. Bewunderung, Vertrauen und Freundschaft sind dann Angehörigen der eigenen Gruppe vorbehalten.

Wenn wir in uns selbst und in anderen unterschiedliche Identitäten akzeptieren, sie als Chance und nicht als Bedrohung sehen, führt das zu weniger Konfliken. Denn es könnte das „wir gegen sie“ aufbrechen.

Was ist ein positives Selbstkonzept?

Die Frage, was dein wahrer Kern ist, führt dich in eine Sackgasse. Denn du bist eine gemeinsam wirkende Vielzahl innerer und äußerer Prozesse, auf der Grundlage deines Körpers. Dein genetisches Erbe ist Teil dieser Prozesse, nicht unabhängig von ihnen. Es gibt keinen authentischen Kern in dir, der unabhängig ist von deiner Mitwelt und deinen Beziehungen zu ihr. Dein innerer Erzähler formt daraus ein mehr oder weniger stimmiges Ganzes.

Abhängig davon, wo du bist, was du tust und mit wem du zusammen bist, gibt es unterschiedliche Versionen von dir.

Ebenso bewirken unterschiedliche innere Zustände, z.B. Enspannung oder Erregung, unterschiedliche Muster der Selbstwahrnehmung und des Verhaltens.

Dein soziales Selbstkonzept besteht aus mehreren sozialen Identitäten. Du fühlst dich wohl, wenn sie miteinander verbunden sind und in Einklang mit dem jeweiligen Lebenszusammenhang stehen, z.B. Alter, Beruf, Wertegemeinschaft, Nationalität, Bürger:in der EU, Mensch. Wenn du das wahrnimmst, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich größer, dass du Menschen aus anderen Gruppen respektierst.

Je mehr Identitäten deine Gesellschaft dir zur Verfügung stellt, desto ausgeprägter wird dein Respekt vor Menschen außerhalb deiner eigenen Gruppe sein. Eine stärkere Identifikation mit der Menschheit als Ganzes geht mit einem stärkeren Engagement für Klimaschutz einher.

Ein gutes, langfristig stabiles Selbstkonzept beinhaltet die mentale, physische, soziale und ökologische Verbundenheit mit verschiedenen Kreisläufender deiner Mitwelt. Im Rahmen dieser Verbundenheit sorgst du mit deinen individuellen Fähigkeiten für deine körperlichen und seelischen Grundbedürfnisse.

Wenn du dir deiner eigenen Erfahrungen bewusst bist, offen bist zu fühlen, was in dir auftaucht und dich im Inneren bewegt, dann bist du und die Mitwelt im Selbst integriert – nicht verschmolzen. Du weißt intuitiv, dass du ein Teil eines größeren, sich selbst organisierenden Systems bist. Dein Verhalten orientiert sich an der harmonischen Balance in den Kreisläufen deiner Innen- und Mitwelt.


Langfristig ist das „Wir“ eine wichtigere Einheit als das „Ich“. Je mehr jemand erreichen möchte, desto mehr braucht er oder sie eine angemessene soziale Unterstützung. Deshalb sollte eine realistischere Sichtweise der Selbstwirksamkeit die soziale Wirksamkeit eines engagierten und unterstützenden Teams, einer Gruppe oder einer Kultur einschließen.

Steven C. Hayes, 2022

Quellen

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Kommentare

2 Antworten zu „Unser Selbstkonzept verstehen: Was ist das Selbst und warum ist das wichtig?“

  1. Avatar von Stephanie Koch
    Stephanie Koch

    Schöner Artikel und sehr gute Quellen.
    Der Gedanke der Interdependenz und Flexibilität des Selbst ist sehr entlasten und befreiend für mich, da er Druck rausnimmt. Ich finde die Relevanz des Selbstbilds und die Offenheit bzw. Ermöglichung von vielen Teilidentitäten in Bezug auf inneren und gesellschaftlichen Frieden sehr interessant und vertiefenswürdig.

    Mich würde noch interessieren, welche Arten von Beziehungen/Beziehungserfahrungen unser Selbstkonzept nachteilig beeinflussen.

    1. Es freut mich sehr, dass dir der Artikel gefällt. Vielen Dank!
      Zu deiner Frage: Im Kleinkindalter wird das Selbstkonzept nachteilig beeinflusst durch unsichere Bindungen (Bowlby). Im Erwachsenenalter kann eine kulturell vermittelte reduktionistisch-eindimensional ausgerichtete Weltsicht, die andere Sichtweisen ausschließt, negativ wirken. Denn tatsächlich zweifeln viele Menschen an ihren eigenen Urteilen, wenn sie von offensichtlich anders urteilenden Menschen umgeben sind.
      Auch Gruppendruck und Ausgrenzung/Abwertung stören die Ausgewogenheit zwischen den eigenen sozialen Identitäten und damit das Wohlbefinden.

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